Stell dir vor, es ist Tod und keiner geht hin…
Abschiednehmen von einem Verstorbenen in Zeiten von Covid19
Ist ein würdevolles Abschiednehmen in diesen Zeiten überhaupt möglich? Gerade jetzt, wo Besuchsverbote in Pflegeeinrichtungen herrschen, wo Hospizdienste nicht mehr richtig arbeiten können und Kontaktsperren unser aller Leben bestimmen? Wir alle erleben schon seit vielen Wochen keinen normalen Alltag mehr. Gibt es trotzdem so etwas, wie ein würdevolles Abschiednehmen gerade in dieser, für viele auch so beklemmenden Zeit? Dies fragen sich gegenwärtig nicht nur viele Angehörige, sondern auch unsere Einsatzkräfte der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV).
Oft können Menschen aufgrund von Kontaktsperren oder Einreisebeschränkungen nicht alle am selben Ort sein. Bei Beerdigungen dürfen nur noch Personen aus dem ersten Verwandtschaftsgrad sowie wenige andere Personen anwesend sein. Unter anderem diese Bestimmungen machen es aktuell so schwierig, von einem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
Einige Bestatter berichten uns, dass im Moment keine angemessenen Bestattungen und Feiern mehr stattfinden können und dürfen. Dies sei gerade bei der so wichtigen Arbeit in der Trauerbewältigung ein großer Stolperstein.
„Mein Vater war ein sehr beliebter Mensch,“ berichtet eine junge Frau und Angehörige. „Er war in vielen Vereinen sehr aktiv und hätte gerne gewollt, dass man sein Engagement noch einmal bei einer angemessenen Bestattung würdigt. Sicherlich wären vielen gerne zu seiner Trauerfeier gekommen und hätten noch einmal am Grab von ihm Abschied nehmen wollen.“ Das alles ist derzeit jedoch nicht möglich.
Wie also kann man Nähe herstellen, wenn alle auf Abstand sein sollen? Körperliche Nähe geht im Moment nicht. Wir sollen uns selbst und auch andere schützen. Und dennoch kann das Abschiednehmen nicht einfach verschoben werden.
Warum also nicht mal eine moderne Form des Lebewohlsagens am Totenbett mit einer Videokonferenz wählen? So kann eine kleine Gedenkfeier stattfinden, bei der alle, auch die in der Ferne, teilhaben können. Für manch einen mag dies ungewöhnlich sein, doch wann, wenn nicht jetzt sollten wir diese besonderen Wege gehen? Eine andere Möglichkeit wäre, dass alle zu einer bestimmten Uhrzeit eine Kerze anzünden und das ausgewählte Lieblingslied abspielen lassen, welches der Verstorbene so gerne gehört hat. Oder wie wäre es damit, einen Brief an den Verstorbenen zu schreiben, ein Bild zu malen und diesen persönlichen Gruß zum Verstorbenen zu legen? Abschied, so zu sagen, aus der Ferne.
Wenn uns die alten, vertrauten Rituale vom Abschiednehmen gerade verloren gehen, müssen wir Neues wagen. So bieten viele Bestatter übrigens aktuell schon an, die Urnen noch einige Wochen einzulagern, bis vielleicht wieder mehrere Menschen bei einer Beerdigung dabei sein dürfen.
Und selbst dann, wenn der Verstorbene für niemanden mehr zugänglich ist, bleiben die Verbindungen vom Leben über den Tod hinaus.
Die PSNV-Kräfte leisten aktuell mehr denn je einen besonderen Dienst, der nicht einfach ist. Und dennoch wollen sie alles dafür tun, um gerade in diesen so herausfordernden Zeiten ein würdevolles Abschiednehmen vom Verstorbenen für alle Angehörigen zu gewährleisten.
Hinweis: Nach den neuesten Verordnungen der Landesregierung vom 02. Mai 2020 sind seit Montag, 04. Mai 2020 bei Bestattungen, Urnenbeisetzungen und Totengebeten wieder maximal 50 Teilnehmer unter besonderen Schutzvorkehrungen zugelassen.
(Kirsten Kastner)